Stillen ist zwar natürlich, dennoch birgt auch die natürlichste Sache der Welt häufig Probleme und Startschwierigkeiten, sowohl für Mütter als auch für die Babys.
Mütter können z.B. unter wunden Brustwarzen, Milchstau oder einer Brustentzündung leiden. Babys sind manchmal beim Stillen unruhig, schreien oder spucken die Milch wieder aus. Unser Partner für diesen Gastbeitrag "Tipps bei Stillproblemen" ist Milchwiese, der Experte rund um das Thema Stillzeit. Die Gründerinnen Claudia & Anja, beide Apothekerinnen und Mütter, geben Einblick in die häufigsten Stillproblematiken und versorgen uns gleichzeitig mit ihrem "Best-Of" an Lösungen.
1) Das Anlegen klappt nicht
- Nehmt Euch Zeit, zu einer Stillbeziehung gehören zwei Menschen, die sich erst kennenlernen müssen. Gerade nach schwierigen Geburtssituationen und ggf. mit Schmerzen klappt das Anlegen nicht immer auf Anhieb.
- So wie jede Geburt etwas Einzigartiges ist, so ist es auch mit dem Stillen. Bei manchen geht alles von alleine und manch eine braucht mehr Hilfe. Es gibt weder gut noch schlecht und auch kein Falsch oder Richtig. Lasst Euch nicht unter Druck setzen. Wenn die Mütter Hilfe brauchen, dann sollen Sie sich an eine erfahrene Hebamme oder ein Stillberaterin wenden. Wir hatten auch schon Fällen, in denen Mütter sehr verzweifelt waren. Manchmal reicht es aus ein paar Kleinigkeiten zu ändern um eine starke Änderung zu bewirken.
- Holt Euch Hilfe von einer erfahrenen Hebamme oder Stillberaterin, Ihr seid nicht alleine!
- Nehmt Euch ein stabiles Stillkissen/eine stabile Unterlage zu Hand, auf dem ihr das Baby ablegen könnt. Dein Baby kommt immer zur Brust und nicht Du zum Baby, das sorgt für eine entspannte Haltung, schon Deine Muskulatur und lässt die Milch besser fließen.
- Besondere Wochenbettsituationen erfordern besondere Maßnahmen. Nach einer Frühgeburt/Mehrlingsgeburt ist es häufig etwas schwieriger die Milchbildung in Gang zu bringen. Das Kolostrum kann mit der Hand in ein kleines Gefäß ausgestrichen werden und dem Baby gegeben werden. Moderne Milchpumpen sind so programmiert, dass sie eine gute Unterstützung sind, wenn das Baby/die Babys nicht direkt an der Brust trinken kann/können.
- Versucht es mit unterschiedlichen Stillpositionen. Es gibt von Romulus und Remus, bis kopfüber stillen alles Mögliche. Lass Dich beraten. Eine erfahrene Hebamme oder Stillberaterin kann Dir vielleicht noch etwas zeigen, was Du noch nicht kennst. Alles was funktioniert, ist erlaubt. Wenn Dein Baby gut zunimmt und Du Dich wohl fühlst, go for it.
- Kleine Brüste, große Brüste… egal, alle funktionieren gleich. Die Milchmenge wird bei einer etablierten Milchbildung (reife Muttermilch) nur durch Prinzip Nachfrage und Angebot geregelt. Kleine Brüste bilden genauso viel Milch wie große Brüste. Alleine das Brustdrüsengewebe ist dafür zuständig. Größe und Form werden durch den Fettanteil in der Brust definiert. Vielleicht ist nur das Anlegen bei großen Brüsten etwas schwieriger. Versuche es mit der Fussballer-Haltung (Kopf des Kindes vorn, Beine des Kindes hinten). Rolle ein kleines Tuch und lege es in die Hautfalte zwischen Brust und Brustkorb, das hebt die Brust und ggf. kann Dein Kind die Brustwarze so besser fassen.
- Manchen hilft es die Brust etwas mit der Hand zu halten, aber Vorsicht: Nicht die so umfassen, dass Du Dir deine Milchkanäle (die meisten münden vorne im Vorhof) selber abdrückst und einen Milchstau hervorrufst.
2) Das Baby spuckt fast alles wieder aus...
- Gründe hierfür gibt es einige. Es kann sein, dass Du einen überschießenden Milchspendereflex hast. Dein Kind trinkt hastig und unruhig an der Brust, verschluckt sich häufig und am Ende spuckt es etwas Milch wieder aus. Hier kann Bergauf Stillen, die Australia Haltung, oder auch die Hoppe Reiter Position helfen. Wenn Dein Kind aufrecht positioniert ist kann es besser trinken und die Schwerkraft wirkt nicht so stark. Du kannst auch vor dem Stillen etwas Milch per Hand ausstreichen (Handentleerung nach Marmet) oder kurz abpumpen, auch das kann helfen, dass Dein Baby nicht gleich so große Mengen schlucken muss.
- Zuviel Muttermilch, die dem Kind zu schnell entgegen kommt, hat häufig Milchspucken zur Folge. „Blockstillen“ wird gerne bei zu viel Muttermilch eingesetzt. Es wird die Brust einmalig durch eine Milchpumpe „entleert“ und anschließend für einen vorab festgelegten Zeitraum immer nur eine Brust angeboten. Danach wir die Seite gewechselt und die andere Brust macht entsprechend Pause. Das Stillen in Zeitblöcken sorgt dafür, dass die gerade nicht gestillte Seite weniger Milch produziert. Wir haben in der Brust einen raffinierten Rückkopplungsmechanismus, der, wenn über einen längeren Zeitraum zu viel Milch in der Brust verbleibt, entsprechend die Produktion runter reguliert.
- Zuviel Muttermilch abzutun mit: „Sei doch froh“, ist auf jeden Fall keine Lösung.
- In ganz seltenen Fällen liegt eine Erkrankung des Säuglings vor. Hier funktioniert die obere Magenpforte nicht richtig.
3) Ich habe nicht genug Milch...
- Zuerst muss auf jeden eine genaue Anamnese erhoben werden. Mutter und Kind sollten beim Stillen beobachtet werden. Für die Vermutung muss nach der Ursache geschaut werden.
- Wird zu wenig angelegt und das Baby entleert die Brust nicht ausreichend, verbleit zu viel Milch in der Brust und es wird das bereits beschriebene Rückkopplungssystem in der Brust aktiviert wenig - Nachfrage – weniger Angebot. Manchmal kann es helfen erst das Baby beidseitig anzulegen und ca. 20-30 Minuten nach dem Stillen mit einer doppelseitigen Milchpumpe für 12-15 Minuten zu Pumpen (10-12x in 24 Stunden, 1x davon unbedingt nachts). So wird eine künstliche Nachfrage erzeugt.
- Seit wann besteht die Vermutung? Wie war der Stillverlauf seit der Geburt?
- Hat sich die die Brust bereits in der Schwangerschaft entwickelt? Ist anatomisch bei Mutter und Kind alles optimal? Gab es Brust OPs?
- Für manche Mütter ist es schwierig einzuschätzen, ob das Baby genug Milch trinkt, da wir keine Skala zum Ablesen an der Brust haben. Erst einmal sollte hier geschaut werden, ob das nur ein subjektives Empfinden ist. Dazu kann der Gewichtsverlauf des Säuglings beobachtet werden. Nimmt das Kind gut zu, ist alles fein. Hat es ausreichend nasse Windeln (6-8 Stück) am Tag auch.
- Also viele Faktoren sind hier zu berücksichtigen… Gemeinsam mit einer kundigen Person findet sich sicher eine Lösung.
4) Das Baby schreit und hat Koliken...
- Wann schreit das Baby, wie lange?
- Sind es Koliken oder Unruhe durch zu viele äußerliche Einflüsse? Allerhand Besuche im frühen Wochenbett…
- Wenn es Koliken sind, wie trinkt das Kind an der Brust, wird es mit Formula ernährt?
- Zuviel Muttermilch/überschießender Milchspendereflex, zu hastiges Trinken…
- das Darmsystem ist noch nicht ausgereift, Muttermilch enthält Bakterien und Enzyme die der Verdauung helfen, Formula nicht
- Bei einer vaginalen Geburt wird der kindliche Darm mit anderen Bakterien besiedelt als bei einem Kaiserschnitt.
- Wärme, Massagen im Uhrzeigersinn, Fliegergriff, viel körperliche Nähe (Bonding mit Haut zu Haut Kontakt schüttet Oxytocin aus, das Kuschelhormon, dass runter holt…)
- Ggf. einen übermäßigen Kuhmilchprodukte Verzehr der Mutter beachten
- Statt Vitamin D Tabletten, die allerhand Zusatzstoffe enthalten, lieber ein öliges Präparat in Tropfenform wählen
- Manchen hilft die Gabe von speziellen Bakterienstämmen, die den Darm reifen lassen
5) Milchstau und Brustentzündung...
- Schnell handeln, da aus einem Milchstau rasch eine Brustentzündung werden kann. Bei einem Milchstau ist das allgemeine Wohlbefinden noch gut, bei einer Brustentzündung nicht und es kommt Fieber hinzu. Unbedingt einen Arzt aufsuchen bei Fieber, da sich eine Entzündung rasch im Körper ausbreitet!
- Nach der Ursache forschen (zu enge BHs,/Kleidung, BH mit Bügel, Zigarettengriff vorn an der Brutwarze, zu lange Abstände beim Stillen, Pumpen mit der falschen Brusthaubengröße, Stress…)
- Bei einem Milchstau schwillt die Brust an, wird heiß… Durch die Schwellung können Lymphe und Blut nicht richtig abfließen. Darum vorsichtig massieren in Richtung des oberen Lymphsammelgefäßes am Schlüsselbein.
- Häufig!!! anlegen, der kindliche Unterkiefer sollte immer zu der Stelle mit dem Milchstau zeigen, damit es beim Stillen die Stelle zusätzlich mit der Bewegung des Kiefers massieren kann.
- In den Stillpausen kühlen und kurz vor dem Stillen wieder wärmen. Durch das Kühlen kann die Schwellung zurückgehen, wärmen vor dem Stillen ist wichtig, damit die Durchblutung wieder angeregt wird, da sonst die für die Milchbildung und den Milchfluss wichtigen Hormone ihren Wirkort nicht erreichen können.
- Wenn die Brust sehr prall ist vor dem Stillen etwas Milch per Hand ausstreichen oder mit einer Milchpumpe abpumpen, dann kann das Baby die Brustwarze besser mit dem Mund fassen
- Bei einer Brustentzündung NICHT massieren um die Entzündungsstoffe nicht zu verteilen! Sofort zum Arzt! Das Ganze muss antibiotisch (Keine Gefahr für das Baby, bitte weiterstillen oder Pumpen und die Muttermilch nicht wegwerfen) behandelt werden. Kühlen, häufig anlegen oder abpumpen, nach der Antibiotika Einnahme nicht kühlen damit die Brust durchblutet wird und der Wirkstoff seinen Wirkort erreichen kann.
Gastbeitrag von Milchwiese. Mehr Informationen über Milchwiese findest du unter www.milchwiese.de.
Photo Credit: Nadezhda Moryak via Pexels
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